Heimatrundschau Nr. 111 berichtet über Synergetik Therapeutin Doris Schick-Nagel

Hinter Türen wartet das Innenleben

Doris Schick-Nagel ist Synergetik-Therapeutin/Mothode basiert auf Selbstheilung


Rottweil. Es riecht leicht nach Räucherstäbchen. In einem Kellerraum mit gedämpften gelben Licht kniet eine Frau mit verbunden Augen. Sie schreit. Mit einem Stock schlägt sie unablässig auf den Boden. "Nein!”, entfährt es ihr. Sie scheint sich gegen irgentwas zur Wehr zu setzen. Doris Schick-Nagel ist Synergetik-Therapeutin. Sie führt vor, wie eine Sitzung bei ihr ablaufen kann.

Synergetik ist die Lehre vom Zusammenwirken. Bei dieser alternativen Theapieform geht es darum, die Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. Körper, Geist und Seele werden als Einheit gesehen. Wenn man zu lange Probleme mit sich herum schleppe, könne das krank machen, glaubt Schick-Nagel. "Krebs ist ein Selbstzerstörungsprozess, den der Mensch selbst eingeschaltet hat”, sagt sie. "Das ist eine provokante These, ich weiß”, ergänzt sie fast entschuldigend.

Sie habe die Erfahrung gemacht, dass bei Krebspatienten immer ein seelisches Problem im Hintergrund stehe. Für Schick-Nagel besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen diesem Problem und dem Krankheitsausbruch. Sie glaubt daran, dass ein Krebs-Patient der Krankheit Einhalt gebieten könne, wenn er das seelische Problem löse. Dies gelte auch für andere Krankheiten.

"Ich gebe keine Diagnose, ich bin keine Psychologin und keine Ärztin”, sagt Schick-Nagel gleich danach. Sie hält es für notwendig, dass ihre Klienten den Rat eines Arztes einholen. Sie erzählt, dass auch erkrankte Ausbilder im "Kamala”, im Therapiezentrum in Bischoffen-Roßbach, einen Arzt aufsuchen.

Im "Kamala” hat Schick-Nagel ihre Ausbildung gemacht. Dort hat sie gelernt, wie man den Patienten in einen Zustand der Tiefenentspannung bringt. Im Hintergrund ist leise Musik zu hören, Schick-Nagel liest einen Entspannungstext. Der Klient liegt auf der Matratze, die Augen sind verbunden. Schick-Nagel weist ihn an, in Gedanken eine Imaginäre Treppe hinunter zu steigen. Unten angelangt, kommt er in einen Gang mit Türen. "Welche Tür möchtest du öffnen?”, fragt sie. Der Klient betritt den gewünschten Raum und beschreibt, was er sieht. Was Klienten sehen, ist völlig individuell. Manchmal ist es ein dunkler Raum, manchmal eine Landschaft. Dort treffen sie eventuell verschiedene Personen, etwa Mutter oder Vater, und setzen sich innerlich mit ihnen und den eigenen Problemen auseinander.

Zu Schick-Nagel kommen die verschiedensten Klienten; Menschen, die gemobbt werden, die selbstmordgefährdet sind, die Partnerschaftsprobleme haben, Krebskranke, von Missbrauch Betroffene. Die Synergetik-Therapie soll laut Schick-Nagel den Klienten helfen, sich mit ihren Problemen auseinander zu setzen und wieder Handlungskompetenz zu erlangen. Die missbrauchte Tochter etwa tastet sich langsam an ihren "inneren Vater” heran und schreit ihm gegenüber ihre ganze Wut und Verzweiflung aus der Seele. Ein spezieller Schlagstock aus Glasfaser liegt auch bereit, mit dem der Klient Aggressionen abbauen kann.

Ziel sei jedoch nicht, im Hass stehen zu bleiben. Der Hass müsse raus, Ziel aber sei die Liebe. Schick-Nagel, die als Synergetik-Therapeutin den Klienten während der ganzen Zeit betreut, leitet ihn darauf hin. Mit Musik und Zurufen sowie verschiedene Fragen führt sie ihn durch die Sitzung. Bevor der Klient sich von der Augenbinde befreie, müsse er sich mit der "Inneren Figur” aussöhnen. Die Dauer einer Therapie sei individuell, erklärte Schick-Nagel. Die Regel seien fünf bis sechs Sitzungen. Sie hatte aber auch schon Klienten mit drei oder zwanzig Sitzungen.

Schick-Nagel bezweckt mit der Therapie, dass der Klient das Negative überwindet, das ihn lämt, so dass er wieder zu positivem Handeln fähig ist. Schick-Nagel gibt auch synergetisches Mentaltraining für Mitarbeiter oder Führungskräfte. Diese führt sie zum Beispiel gedanklich auf eine einsame Insel, auf der Aufgaben vollbracht werden müssen. Mit dieser Übung soll der Gemeinschaftssinn und die Kreativität gestärkt werden. In jedem Falle gelte, dass der Inhalt der Sitzung nicht vom Betreuer bewertet werde, sagt Schick-Nagel, sie unterliege überdies einer Schweigepflicht.

Entwickelt wurde die Synergetik-Therapie von Bernd Joschko, einem Physikingenieur. Sie basiert laut Schick-Nagel auf der Synergetik, der Lehre vom Zusammenwirken, des Physikers Hermann Haken. Er habe das Selbstorganisationsprinzip in der Physik nachgewiesen, sehe die Synergetik aber auch als Schlüssel zum Verständnis der Gehirnfunktionen. Doris Schick-Nagel, ausgebildete Masseurin, ist seit zwei Jahren in der Synergetik-Therapie tätig. Sie hat selbst viele Sitzungen über sich ergehen lassen. Seit März dieses Jahres ist sie selbstständig. Im Schnitt habe sie etwa drei bis vier Klienten pro Woche, sagt Schick-Nagel.